Daphne du Maurier

"Rebecca. Zusammenfassung"

Ich war ein junges und sehr bescheidenes Mädchen.

Ich hatte keine Familie, kein eigenes Zuhause und keine großen Pläne. Ich arbeitete als Gesellschafterin bei einer älteren Dame namens Mrs. Van Hopper. Meine Aufgabe war es, sie zu begleiten, ihr Zeitungen vorzulesen, Tee zu bringen und ihr bei kleinen Dingen zu helfen. Sie war reich, liebte es, mit einflussreichen Leuten zu sprechen, und behandelte mich oft von oben herab. Ich ertrug das, weil ich keine andere Möglichkeit hatte: Ich besaß kein Geld und hatte keine wichtigen Freunde, um selbstständig zu leben.

Eines Tages fuhren wir nach Monte Carlo. Mrs. Van Hopper wollte dort Urlaub machen und genoss das elegante Leben im Hotel. Ich blieb fast immer an ihrer Seite: Ich servierte Tee, hörte ihre Gespräche und beobachtete die Menschen im Hotel. Dort sah ich zum ersten Mal Mr. Maxim de Winter. Er war ein stattlicher Mann mit leicht traurigen Augen. Mrs. Van Hopper bemerkte ihn und wollte ihn kennenlernen. Sie bat mich, zu ihm zu gehen und zu sagen, dass sie an ihrem Tisch auf ihn warte. Ich war verlegen, ging aber zu ihm hinüber. Er nickte höflich und lud mich am nächsten Tag zu einer Autofahrt außerhalb der Stadt ein.

Kurz darauf wurde Mrs. Van Hopper krank und blieb fast immer in ihrem Zimmer. So konnte ich meine Zeit mit Mr. de Winter verbringen. Wir gingen zusammen spazieren, schauten aufs Meer und sprachen über das Leben. Er erzählte mir, dass er in England in einem großen Anwesen namens Manderley lebe. Er sprach von einem alten Haus und einem schönen Garten, aber in seiner Stimme lag immer ein Hauch von Traurigkeit. Ich wagte nicht zu fragen, warum er so bedrückt war, aber ich spürte, dass er ein schweres Geheimnis hatte.

Nach einiger Zeit machte mir Mr. de Winter plötzlich einen Heiratsantrag. Ich war sehr überrascht, weil ich mich für ein einfaches, unbedeutendes Mädchen hielt. Aber ich mochte ihn schon sehr, und er schien in mir etwas Wertvolles zu sehen. Ich sagte "Ja". Mrs. Van Hopper war entsetzt und meinte, ich mache einen großen Fehler. Aber ich war glücklich und hörte nicht auf ihre Vorwürfe. Wir heirateten rasch und ohne Feier.

Nach der Hochzeit machten wir eine kurze Reise. Dann fuhren wir nach Manderley. Ich kannte dieses Anwesen nur aus Maxims Erzählungen und hatte meine Vorstellungen, aber die Wirklichkeit war überwältigend. Wir fuhren durch ein großes Tor und eine lange Allee mit hohen Bäumen. Ich sahschöne Blumenbeete und viele Rhododendren. Schließlich erreichten wir ein riesiges Steinhaus mit vielen Fenstern und Balkonen. Es hatte elegante Verzierungen und wirkte sehr eindrucksvoll.

Drinnen war es noch größer und fast ein wenig unheimlich. Eine weite Eingangshalle mit einer Treppe, alte Gemälde an den Wänden, breite Korridore und überall herrschte eine feierliche Stille. Einige Bedienstete verbeugten sich vor Maxim und schauten dann neugierig und kühl auf mich. Vorne stand Mrs. Danvers, die Haushälterin. Sie war eine ältere Frau mit blassem Gesicht, dunklem, strengem Kleid und strengen Augen. Sie begrüßte mich mit den Worten "Willkommen, Mrs. de Winter", aber in ihrer Stimme klang keine Wärme.

Schon zu Beginn spürte ich, dass es in Manderley etwas Unsichtbares und Beängstigendes gab. Ich erfuhr, dass Maxims erste Frau, Rebecca, vor einem Jahr gestorben war. Alle sprachen von ihr mit Bewunderung. Es schien, als wäre sie eine perfekte Gastgeberin gewesen: Sie liebte Gäste, ritt sehr gut und kümmerte sich um Garten und Park. Im Haus gab es immer noch ihre Dinge: Servietten mit dem Buchstaben "R", Bücher mit ihren Notizen, Briefe mit ihrer schönen Unterschrift. Auf den Regalen standen Vasen und Figuren, die laut den Bediensteten von Rebecca ausgesucht worden waren. Schritt für Schritt begriff ich, dass alle mich mit ihr verglichen und mich für zu still und zu einfach hielten.

Maxim versuchte, mich zu beruhigen. Er sagte, ich sei jetzt seine Frau und somit die Herrin von Manderley. Aber ich merkte, dass er selbst oft in düstere Gedanken versank. Ich fürchtete, dass er Rebecca immer noch liebte und ich ihr niemals das Wasser reichen konnte. Ich hatte Angst, ihn direkt zu fragen, aber die Zweifel quälten mich fast jeden Tag.

Es vergingen einige Wochen. Ich wollte die Aufgaben im Haus lernen, fragte die Bediensteten nach Rat, versuchte, das Essen zu planen und den Tisch schön zu decken. Aber ich sah immer wieder in ihren Blicken die stumme Frage: "Rebecca machte das anders." Besonders bedrohlich fand ich Mrs. Danvers. Sie lächelte fast nie und schien mich zu beobachten. Ich spürte ihre Abneigung, auch wenn sie ruhig und höflich redete.


Einmal geriet ich aus Versehen in ein Zimmer, das wohl Rebecca

gehört hatte. Alles war noch genauso wie zu ihren Lebzeiten: das Bett mit einer eleganten Decke, auf dem Frisiertisch lagen Kämme und Parfümfläschchen, im Schrank hingen Kleider. Der Duft war noch stark, und mir wurde unheimlich. Plötzlich erschien Mrs. Danvers. Sie schaute mich an, als sei ich ihre Feindin, undsagte, dies seien "Mrs. de Winters Zimmer", die so geblieben seien, wie am Tag ihres Todes. Da verstand ich, dass sie mich als neue Mrs. de Winter nicht akzeptierte und nur Rebecca treu blieb.

Bald darauf beschloss man in Manderley, wieder einen Kostümball zu veranstalten, so wie früher zu Rebeccas Zeiten. Nachbarn und Freunde von Maxim waren eingeladen. Alle erwarteten ein großes Fest, denn Rebecca soll früher sehr aufwendige Bälle gegeben haben. Ich hatte Angst, weil ich solche Veranstaltungen nicht kannte. Mrs. Danvers schlug mir vor, ein Kleid wie auf einem alten Gemälde in der Galerie zu tragen. Dort war eine Dame in einem schönen weißen Kleid zu sehen. Ich ließ mir genau so ein Kleid nähen und war sicher, es würde großartig aussehen.

Am Abend des Balls zog ich das weiße Kleid an, lockerte meine Haare wie auf dem Gemälde und ging voller Aufregung hinunter. Die Gäste waren schon versammelt, Musik spielte. Doch als sie mich sahen, verstummten sie. Maxim wurde ganz blass. Er bat mich sofort, mich umzuziehen. Ich verstand nicht, was geschehen war. Dann erfuhr ich, dass Rebecca beim letzten Ball das gleiche Kleid getragen hatte. Mrs. Danvers wusste das und hatte mich absichtlich bloßgestellt. Beschämt rannte ich in mein Zimmer und weinte, weil ich mich gedemütigt fühlte.

Nach dem Ball zog sich Maxim noch mehr zurück. Wir redeten kaum miteinander. Ich wusste nicht, wie ich sein Vertrauen zurückgewinnen und unseren Frieden retten konnte. Doch dann geschah etwas Schreckliches: Bei Manderley fand man nach einem Sturm ein Boot mit einer Leiche darin. Die Polizei fand heraus, dass es Rebeccas Boot war. Früher hatte man geglaubt, sie sei einfach auf See ertrunken. Aber jetzt bestand Verdacht auf ein Verbrechen.


Ich sah, wie Maxim immer nervöser wurde und schlecht schlief. Schließlich erzählte er mir die schreckliche Wahrheit: Er liebte Rebecca nicht. Sie war schön und charmant, aber im Inneren grausam und rücksichtslos. Vor den Leuten spielte sie die perfekte Ehefrau, aber hinter seinem Rücken hatte sie ein anderes Leben und andere Männer. Sein eigenes Leben sei ein Albtraum gewesen. Eines Tages hatten sie

einen fürchterlichen Streit. Rebecca sagte, sie sei todkrank und wolle alles tun, um Maxims Ruf zu zerstören. In seiner Wut schoss er auf sie und Rebecca starb. Dann versenkte er ihre Leiche im Boot, um alles wie einen Unfall aussehen zu lassen.

Ich war entsetzt und hatte Angst. Aber ich liebte Maxim bereits so sehr, dass ich ihn nicht verließ. Ichverstand seinen Schmerz: Er hatte in ständiger Furcht gelebt, dass jemand die Wahrheit entdeckt. Er wollte seine Familie und seinen Namen schützen und litt unter seiner Schuld. Nun begann die Polizei mit einer Untersuchung. Taucher hoben das Boot und sahen, dass der Rumpf absichtlich beschädigt war. Es gab Hinweise auf Mord. Maxim drohte ein Gerichtsverfahren.

Da tauchte Rebeccas Cousin Jack Favell auf, ein unverschämter und gerissener Mann. Er wollte Maxim erpressen und Geld dafür fordern, dass er schwieg. Er behauptete, Rebecca sei schwanger gewesen und Maxim habe deshalb ein Motiv gehabt, sie zu töten. Doch dann fand die Polizei den Arzt, der bestätigte, dass Rebecca unheilbar an Krebs erkrankt war und nicht schwanger sein konnte. Wahrscheinlich hatte sie absichtlich auf ihre Tragödie hingearbeitet, um Maxim zu zerstören.

Am Ende wurde Maxim nicht angeklagt, weil es keine sicheren Beweise für einen Mord gab. Ich war erleichtert, dass er frei war. Aber als wir aus der Stadt zurückkehrten, sahen wir einen hellen Schein am Himmel. Manderley stand in Flammen.

Wir fuhren schnell dorthin, aber das Feuer war schon überall. Die Bediensteten rannten umher und warfen Sachen aus den Fenstern. Die Flammen waren zu stark. Ich sah Mrs. Danvers oben im Haus. Sie stand am Fenster und wirkte wie gebannt vom Feuer. Anscheinend wollte sie nicht fliehen. Vielleicht hatte sie selbst das Feuer gelegt, um den Besitz nicht an die neue Herrin zu verlieren, denn für sie war nur Rebecca die wahre Besitzerin.

Die ganze Nacht sahen wir, wie das schöne Manderley brannte. Ich weinte, obwohl ich mich in diesem Haus oft gefürchtet hatte. Dort gab es ein großes Geheimnis und Rebeccas düsteren Schatten. Doch es war Maxims Zuhause. Jetzt blieb nur noch Schutt und Asche. Am Morgen war das Feuer erloschen, und wir verließen den Ort. Ich begriff, dass wir woanders neu anfangen mussten, an einem Ort ohne Rebeccas starke Gegenwart.


Später dachte ich oft an die große Halle, die alten Möbel, die Porträts von Maxims Vorfahren. Ich erinnerte mich an den Garten mit den

leuchtenden Blumen, auf die Rebecca so stolz gewesen war, und an die langen Gänge, in denen ich jeden Schritt und jeden Blick von Mrs. Danvers fürchtete. Trotzdem spürte ich: Nur das Feuer befreite uns von der Vergangenheit. Rebecca konnte uns nicht mehr beherrschen. Wir hatten das Haus verloren, aber dafür gewannen wir unsere Freiheit und die Chance, ehrlich weiterzuleben - ohne Lüge und Schrecken, die Maxim seit Rebeccas Zeit verfolgten.

So endete meineGeschichte über Manderley, über Rebecca und darüber, wie ich lernte, an mich selbst zu glauben, obwohl ich im Schatten einer großen und gleichzeitig schrecklichen Frau stand, die für viele perfekt wirkte. Ich erkannte, dass äußere Schönheit grausam sein kann, und dass echte Liebe nur auf Wahrheit und Vertrauen besteht. Jetzt sind Maxim und ich weit weg von Manderley, und wenn die Erinnerungen manchmal zurückkehren, fürchte ich sie nicht mehr. Ich weiß, dass das Wichtigste ist, dass wir zusammen sind und uns keine Geister der Vergangenheit trennen können.

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